Margot Käßmann beim Landfrauentag zum Hessentag in Stadtallendorf - Das menschliche Gesicht der Kirche -            4000 Landfrauen zollen Margot Käßmann Respekt

Rund 4000 Landfrauen aus ganz Hessen strömten in diesem Jahr in das große Festzelt in Stadtallendorf zum Landfrauentag zum Hessentag. Sie demonstrierten damit nicht nur die Schlagkraft der Organisation. Mit stehenden Ovationen zollten sie der ehemaligen EKD-Ratspräsidentin Dr. Margot Käßmann anlässlich eines ihrer letzten Auftritte in Deutschland ihren Respekt. Als Mensch, als Christin und als kämpferische Frau ist sie, trotz oder gerade wegen ihres konsequenten Verhaltens, für viele Landfrauen ein Vorbild.

 

„Christliche Werte in unserer Zeit“ lautet der Titel der Festrede von Margot Käßmann. Mit ihrem konsequenten Verhalten hat sie gezeigt, dass sie auch ihr eigenes Handeln dieser Richtschnur unterwirft. Nicht immer unumstritten, hat Käßman selbst vorgelebt, was sie darunter versteht Christ zu sein: Verantwortung zu übernehmen, für andere aber auch für sich selbst. Christliche Werte seien in der heutigen Zeit nicht mehr sehr populär, meinte Käßmann. Werteorientierung erfolge heute oft einer Art Patchworkmuster: Ein bisschen Islam hier, ein bisschen Buddhismus dort… .Aber, so Käßmann, „ich bin überzeugt: Unsere Gesellschaft braucht eine Neubesinnung auf ihre Wurzeln, zuallererst auf die Bibel. Damit verbinde ich natürlich den christlichen Glauben. Aber die Bibel ist eben auch Kulturgut, aus ihr leiten sich die Grundüberzeugungen unserer Demokratie ab wie etwa die Menschenrechte jedes Einzelnen.“ Auch wenn die Bibel eines der ältesten Bücher sei, habe sie, richtig gelesen, nichts an Aktualität verloren. „Ich will nun nicht überheblich erklären, die christlichen Werte seien für unsere Gesellschaft die einzig mögliche Lösung. Allerdings bin ich überzeugt, dass sie ein gewichtiges Angebot zur Orientierung für unser Land darstellen.“ führte sie aus. An Hand der zehn Gebote machte sie klar, dass diese „Lebensregeln für eine gute Welt sind.“ So gebe etwa das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren!“ heute wichtige Orientierung für einen menschenwürdigen Umgang mit den alten und schwachen Menschen in der Gesellschaft. Die zehn Gebote seien „eine konkrete Anleitung zum Leben und Handeln aus dem Glauben heraus.“ und Orientierung gerade für eine durch die Globalisierung verunsicherte Welt. Das Christentum sei von Anfang an eine auf Gemeinschaft orientierte Religion und gebe daher auch heute noch wichtige Anregungen für ein von Solidarität und Gerechtigkeit geprägtes Zusammenleben.

Eine Wertehaltung, die sich aus den 10 Geboten herleite, gebe den Menschen in einer von Kurzlebigkeit geprägten Welt Halt und Heimat. Damit könne und dürfe sich Kirche nicht in eine „fromme Ecke“ zurückziehen. Sie rief die Landfrauen auf, am jeweils eigenen Ort, die eigenen Werte offen zu leben und zu verantworten. Die Orientierung des eigenen Handelns an Solidarität und Verantwortung, die Bedeutung der Familie als Ort der Weitergabe von Werten, damit sprach Käßmann den Landfrauen aus dem Herzen.

 

„Für viele Landfrauen ist sie ein Vorbild, als kämpferische, mutige und konsequente Frau und Christin“ betonte Evelyn Moscherosch, Präsidentin des Landfrauenverbandes Hessen. Moscherosch vertritt die Interessen von 53.000 Frauen im ländlichen Raum. Frauen, die sich in über 800 Landfrauenvereinen in vielfältiger Weise ehrenamtlich für die Gesellschaft einsetzen und das leben, was Käßmann ausführte. Längst sind sie nicht mehr alle Bäuerinnen, aber der ländliche Raum ist ihre Heimat, ihr Lebensraum und Arbeitsplatz, der Ort an dem qualitativ hochwertige regionale Lebensmittel erzeugt werden. Anlässlich der vielfältigen Probleme, mit denen die Zukunft des ländlichen Raumes belastet ist betonte Moscherosch, dass „der ländliche Raum nur mit den Frauen und ihren Familien erhalten werden kann.“ So brauche es nicht nur eine erwerbssichernde Landwirtschaft, sondern auch Verbraucherbildung und Hauswirtschaftliche Alltagskompetenzen in der Schule; nicht nur eine gute Infrastruktur zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sondern auch funktionierende ehrenamtliche Netzwerke. Für diese, wie für die Forderung nach einem gleichberechtigten Zugang zu Informationen, gleiche Bildungschancen für Frauen und eine funktionierende Gesundheitsversorgung forderte sie die Unterstützung der Politik ein.

Zahlreiche Ehrengäste aus der Landespolitik demonstrierten mit ihrem Besuch auf dem Landfrauentag, dass der Landfrauenverbandes Hessen einen hohen Stellenwert hat. Die scheidende Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Silke Lautenschläger, nutzte die Gelegenheit, um sich von den Landfrauen zu verabschieden. „Als wichtige gestaltende Kraft im ländlichen Raum“ hat sie die Landfrauen stets geschätzt und unterstützt.

 

Neben der politischen Schlagkraft präsentierte der gastgebende Bezirkslandfrauenverein Marburg, dass die Landfrauen vor Ort einen wichtigen Stellenwert für ein lebenswertes Leben im ländlichen Raum haben. Ein eigens gegründeter Landfrauen-Chor und die Tanzgruppen der Landfrauenvereine Schwabendorf und Rüdigheim umrahmten den Landfrauentag zum Hessentag mit Gesang und Tanz.

 

„Vom Korn zum Brot“ lautet in diesem Jahr das Motto eines vielfältigen Wissens- und Erlebnisparcours mit dem die Landfrauen im Rahmen der Landesausstellung Einblick in das Engagement des Verbandes im Bereich der Verbraucherbildung und –aufklärung gab. Eingeladen von beeindruckenden, überlebensgroßen Strohpuppen erfuhren die Hessentagsbesucherinnen zehn Tage lang vom Team um Hildegard Schuster vom Fortbildungswerk und den Marburger Landfrauen Wissenswertes rund um dieses wichtige Grundnahrungsmittel und regionale landwirtschaftliche Erzeugnis.

 

LFV